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Letzte Werbung Cleanup Network

[Interview] Letzte Werbung wird Netzwerkpartner – so will die Initiative unsere Briefkästen schützen

Je mehr Initiativen sich unserem Netzwerk anschließen, desto klarer wird, dass es kaum Menschen gibt, mit denen wir nicht zusammenarbeiten könnten. Der Wille natürlich vorausgesetzt. Bei uns sind App-Entwickler, Stadtverwaltungen, Einzelkämpfer, Startups, Vereine und vieles mehr. Jetzt stößt Letzte Werbung e. V. zu uns. Darüber freuen wir uns natürlich sehr!

Die unliebsame Werbung im Briefkasten

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Als ich im Dezember letzten Jahres an einer Infografik zum Thema Werbemüll saß, ging gerade ein Video auf Facebook viral. Und zwar von den engagierten Leuten von Letzte Werbung e. V. Sie haben es sich zum Ziel gemacht, die Werbeflut in unseren Briefkästen einzudämmen. Ihre Idee: Man sendet kostenlose Aufkleber an Haushalte mit einer Werbung auf der Rückseite. Klebt man den Aufkleber an seinen Briefkasten, sollte das die letzte Werbung gewesen sein.

Die Plastikpost – Einkauf Aktuell in Plastik eingeschweißt

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Aktuell wird eine neue Aktion von ihnen wieder besonders gut von den Medien aufgegriffen. Es geht um die Einkauf Aktuell der Deutschen Post. Es ist eine Sammlung von Prospekten, die wöchentlich an 20,7 Millionen Haushalte versendet wird. Das Problem ist aber nicht nur das Plastik, wodurch die Prospekte zusammengehalten werden, sondern auch die Tatsache, dass die meisten die Werbung ungelesen in den Müll werfen.

Das Problem: Die Deutsche Post möchte die gesammelten Anträge auf Widerspruch nicht akzeptieren. Nun möchte “Letzte Werbung” klagen. Mehr dazu erfahrt ihr unten im Interview mit Katharina von “Letzte Werbung”.

Online vs. Offline – Lasst es uns umdrehen

Was im Inernet aufwendig durchgesetzt wird, scheint in der Offline-Welt keine Bedeutung zu haben. Warum darf man mir nur Newletter per E-Mail zusenden, wenn ich es doppelt bestätigt habe (Double-OptIn)? Aber mein Briefkasten ist ein offenes Scheunentor für jedwede Werbung? Was wäre, wenn wir das Prinzip einfach umdrehen? Statt einem “Keine Werbung”-Aufkleber, könnte man einen “Ja, ich möchte Werbung”-Aufkleber anbringen. Warum eigentlich nicht? In Amsterdam wird diese Systematik bereits angewandt.

Ja, es stellt eine große Veränderung dar. Doch in Anbetracht der enormen Ressourcenverschwendung, sollte man die alten Regeln nicht als für immer gültig erklären. Die Zeiten ändern sich. Da passt es einfach nicht in unsere Zeit, wenn der Großteil der aufwendig produzierten Werbung ohne Umwege direkt für den Müll produziert wird. Dich fragen wir doch mal direkt nach. Ich konnte Katharina von Letzte Werbung e. V. einige Fragen stellen. Here we go:

 

Interview mit Katharina von Letzte Werbung

Letzte Werbung Logo

Kannst du unseren Lesern kurz erklären, worum es dir bei “Letzte Werbung” geht?

Katharina: Letzte Werbung ist ein gemeinnütziger Verein, der letztes Jahr ins Leben gerufen wurde um eine gewaltige Verschwendung von Ressourcen zu stoppen: Ungewollte Werbung im Briefkasten. Jährlich erhält man zwischen 33 und 82 Kilo nicht-adressierte Werbepost. Hochgerechnet auf ein ganzes Land sind das Hunderte Millionen Kilo Werbung, die von 76% der Bevölkerung gar nicht gewollt wird. Das Gießkannenprinzip ist einfach nicht mehr zeitgemäß und auch für die Umwelt nicht tragbar. Wir bekämpfen wir ungewollte Werbepost auf verschiedenen Fronten. Einerseits sind wir politisch aktiv, um eine Gesetzesänderung zu erwirken, arbeiten an einer Studie mit der Universität Gießen, stellen Unterrichtsmaterialien zur Verfügung und bauen eine App, mit der man sich von sämtlicher Werbepost abmelden kann.

Wie organisiert ihr euch und von wem erhaltet ihr Unterstützung bei eurer Arbeit?

letzte werbung verein arbeitsgruppe

Katharina: Unser Verein besteht aus über 25 ehrenamtlichen Helfern, die bei Letzte Werbung Tätigkeiten übernehmen, die sie auch in ihrem normalen Beruf ausüben. Wir haben u. a. Entwickler, Marketing-Experten, Rechtsberater und Designer im Team. Zusammen arbeiten wir an Zielen, die wir am Quartalsanfang festlegen. Die Teammitglieder leben in ganz Deutschland und arbeiten remote über Slack und E-Mail. Mehrmals im Jahr halten wir Quartalsmeetings per Videochat ab. Wir werden von erfahrenen Agenturen, einer Verbraucherkanzlei und von anderen Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen unterstützt.

Worum geht es bei eurer Aktion Plastikpost und wie ist der aktuelle Stand?

plastikpost

Katharina: Mit Plastikpost ist Einkauf Aktuell gemeint, ein Reklamebündel mit Plastik-Ummantelung, das wöchentlich an ca. 20 Mio. Haushalte verschickt wird. Einkauf Aktuell ist ein “Service” der Deutschen Post und wird von Briefträgern geliefert. So landen jährlich 1 Milliarde Plastiktüten in unseren Briefkästen. Mit Plastikpost.de wollen eine einfache Möglichkeit schaffen, die Reklame loszuwerden – abseits vom “Keine Werbung” Aufkleber. Uns kommt ein Gerichtsurteil von 2011 zugute, bei dem ein Lüneburger Anwalt die Deutsche Post verklagt hat. Er hat versucht, Einkauf Aktuell per E-Mail abzubestellen. Weil die Post das nicht akzeptieren wollte, ging er vor Gericht. Er hat den Prozess gewonnen. Mit Plastikpost.de haben wir ein Abmeldeformular geschaffen, über das schon über 59.000 Menschen widersprochen haben. Leider will die Deutsche Post unsere Widersprüche nicht akzeptieren und wir sehen uns gezwungen, mit betroffenen Bürgern vor Gericht zu gehen.

Wo siehst du die Verantwortung der Unternehmen, die in der Einkauf Aktuell Angebote schalten? Siehst du sie ebenfalls in der Verantwortung?

Katharina: Natürlich sind auch die werbenden Unternehmen in der Verantwortung. Sie können die Entscheidung treffen, die Werbung nicht mehr so zu verteilen, dass es egal ist, ob sie gelesen wird oder nicht und sich auf zeitgemäßere und vor allem umweltfreundlichere Werbemöglichkeiten zu konzentrieren.

Mein E-Mailpostfach steht unter meiner Kontrolle, aber der Briefkasten nicht. Warum ist das so und wie könnte man das ändern?

bitte keine werbung briefkasten

Katharina: Ganz erklären können wir das nicht, meine Theorie ist aber, dass der Briefkasten keine starke Lobby hat und im Zuge der Digitalisierung untergegangen ist. Das ändern wir jetzt!

Wie kann man euch konkret unterstützen?

Katharina: Es gibt verschiedene Wege, unser Vorhaben oder unseren Verein zu unterstützen. Wir suchen immer nach talentierten Helfern, die unsere Mission mit vorantreiben möchten. Offene Positionen kann man hier einsehen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, bei uns Aufkleber zu erwerben und diese in Geschäften kostenlos für die Kunden auszulegen. Wir markieren Partner-Unternehmen im “Aufkleber-Finder” und locken somit vielleicht sogar neue Kunden in die Läden.

Wie kann man alle Gesellschaftsschichten für dieses Thema begeistern?

Katharina: Wenn wir unsere Mitglieder und Unterstützer analysieren, können wir kein Muster erkennen. Unabhängig von Alter, Wohnort und Geschlecht interessieren sich Menschen mit verschiedensten Hintergründen für unser Anliegen. Auch ihre Motivation ist unterschiedlich: Sie reicht von Umweltschutz bis zum Schutz der eigenen Privatsphäre. Man kann nicht pauschal sagen, dass die Großeltern sich noch über die Werbepost freuen und ein Student sie ignoriert. Auch viele Ältere stören sich an der Werbepost!

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Welche Ideen hast du, wie man das allgemeine Müllproblem an der Wurzel packen kann?

Katharina: Die Politik bemüht sich zwar darum, Abfallvermeidungsmaßnahmen umzusetzen, diese müssten aber noch viel drastischer sein. Es kann nicht sein, dass die gesamte Verantwortung auf uns Konsumenten abgeladen wird. Vor allem sollten die Erzeuger von Verpackungen und Einweg-Produkten dazu gezwungen werden, nachhaltiger zu handeln. Und das alles so schnell wie möglich.

Hast du noch eine Nachricht an unsere Cleanup Network Leser?

Katharina: Wer noch keinen “Keine Werbung” Aufkleber am Briefkasten hat, sollte das so schnell wie möglich nachholen. Damit hat man einen kleinen Beitrag zum Umweltschutz geleistet. Und wenn es eure Nachbarn euch gleich tun und wiederum deren Nachbarn, dann haben wir ein großes Stück Natur gerettet!


Liebe Katharina, vielen lieben Dank für deine Zeit. Wir schicken solidarische Grüße nach Berlin und ich freue mich auf den zukünftigen Austausch mit euch. Schön euch im Netzwerk zu haben!

Berlin, Werbung, Papiermüll, Briefkasten


Thomas Venugopal

Auf Cleanup Network setze ich meine berufliche Erfahrung im Online-Geschäft ehrenamtlich und gemeinnützig ein, um meine Mitmenschen für das Thema Vermüllung zu sensibilisieren und mobilisieren. Der Netzwerkgedanke ist der Kern dieser Plattform. Daher freue ich mich über jede Form der Kontaktaufnahme.

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