Die neuen Mülleimer am Stuttgarter Marienplatz sind da
Es ist wirklich ein Erfolg! Auch wenn unsere Gefühle durchaus gemischt sind, was das Ergebnis angeht. Zum einen wurden wir miteinbezogen, was die neuen Mülleimer am Stuttgarter Marienplatz betrifft. Diese Bürgerbeteiligung ist wirklich lobenswert und möchte ich hier besonders hervorheben. Auf der anderen Seite könnte die Kommunikation durchaus runder laufen. Nun ja, man kann nicht alles haben. Aber schauen wir uns die Situation genauer an. Die Probleme stecken im Detail.
Runder Tisch für sauberen Marienplatz
Mitte 2018 wurde der Runde Tisch für einen sauberen Marienplatz in Stuttgart gegründet (Cleanup Network berichtete). An diesem Tisch unter Einbeziehung verschiedener Akteure (Unternehmen, Bürgerinitiativen, Stadtverwaltung, Abfallwirtschaft, Jugendrat) wurden verschiedene Maßnahmen beschlossen, die für einen sauberen Marienplatz sorgen sollen. Unter anderem war die Rede von sogenannten Presshaien – neue und größere Mülleimer, die den Müll solarbetrieben pressen, um das aufnehmbare Volumen zu erhöhen. Neben den neuen Mülleimern mit mehr Fassungsvermögen wurden auch gleich die restlichen Mülleimer rund um den Marienplatz begutachtet, um zu prüfen, ob die aktuelle Position Sinn ergibt und/oder wo sie besser aufgestellt wären, damit Passanten diese nutzen.
Begehung am Montagmittag
Ziemlich kurzfristig – nämlich Freitagmittag – erhielten alle Teilnehmer des Runden Tisches eine Einladung zur Positionsbestimmung der neuen Mülleimer am Marienplatz in Stuttgart – für den darauffolgenden Montagmittag. Wie bereits erwähnt, ging es dabei nicht nur um die neuen Presshaie, sondern auch um die Repositionierung vorhandener Mülleimer. Dass niemand außer mir daran teilnehmen konnte, dürfte logisch sein – der Termin wurde viel zu kurzfristig bekannt gegeben. Ob Betriebsblindheit oder mangelndes Interesse – ich kann es nicht genau sagen. Offiziell war jemand krank. Es dürfte aber auf jeden Fall klar gewesen sein, dass so kaum jemand am Entscheidungsrad mitdrehen kann. Das ist eine Art und Weise, die wir überhaupt nicht nachvollziehen können. Da wir aber zum ersten Mal einbezogen wurden, halten wir den Ball flach. ;)
Alle besprochenen Maßnahmen wurden umgesetzt – fast
Erfreut war ich darüber, dass bestimmte Tipps beherzigt wurden – auch wenn ich nicht wie abgemacht über den Aufbau informiert wurde, um darüber berichten zu können. So wurden einige Mülleimer umpositioniert, entfernt (da nicht zugänglich) oder hinzugefügt, um der wachsenden Müllmassen Herr zu werden. Hier wurde leider mindestens ein Mülleimer, der zuvor schriftlich eingezeichnet und auch vor Ort besprochen wurde, nicht aufgestellt. Warum das nicht passiert ist, kann ich nicht sagen. Ich habe dazu bereits eine Anfrage gestellt. Dabei geht es um den Mülleimer an der Ecke Filderstraße/Hauptstätterstraße vor dem REWE/Johnny M. Hier sammelt sich jeden Tag Unrat, weil die Menschen an der Fußgängerampel keine Entsorgungsmöglichkeiten finden. Klar, nicht an jeder Ecke kann ein Mülleimer stehen, aber wenn man schon etwas verabschiedet, sollte man es auch umsetzen. Schauen wir, wie die Antwort lauten wird.
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Eigenschaften der neuen Press-Mülleimer
Wo Licht ist, findet man auch immer Schatten. So auch bei diesen neuen Entsorgungsmöglichkeiten – liebevoll “Presshaie” genannt. Doch was unterscheidet diese Mülleimer von anderen?
Vorteile
- das Fassungsvermögen ist größer, da der Müll gepresst wird – deswegen “Presshai”
- das wiederum verringert den Leerungsintervall und spart so Kosten
- sie sind solarbetrieben – benötigen also keinen zusätzlichen Strom zum Pressen des Mülls
- sie sehen ganz schick aus
- sie beherbergen einen Aschenbecher
Nachteile
- die Anschaffungskosten sind sehr hoch – hier muss sich über längere Zeit zeigen, ob sich diese hohen Kosten rechtfertigen – in Köln sind es 8.000 € pro Mülleimer
- die neuen Mülleimer sind sozial unverträglich, denn Pfandsammler schauen in die Röhre
- der Aschenbecher ist viel unauffälliger als zuvor – das Gegenteil sollte angestrebt werden
- die Positionierung dieser Abfallbehälter ist eingeschränkt, da genügend Licht auf die Solar-Panels treffen muss, um betrieben werden zu können
- Das moderne Design ist gleichzeitig die Schwachstelle dieser Mülleimer – sie fallen schlichtweg nicht auf – eine Signalfarbe wie in anderen Städten wäre flächendeckend wünschenswert
Aschenbecher enttäuschen sehr
Wie regelmäßige Leser wissen, setzen wir uns auch intensiv mit den Zigarettenresten in unserer Umwelt auseinander. Passend zum Thema gibt es eine Infografik, die 8 Fakten der Folgen von Zigarettenkippen visualisiert. Oder unser Brief an die SSB bezüglich Aschenbechern an Haltestellen, der bis heute unbeantwortet blieb. Erst kürzlich forderte Svenja Schulze (SPD), die Tabakindustrie an der Beseitigung der Zigarettenreste finanziell zu verpflichten. Seltsam ist, dass die 8.000 € Mülleimer nur eine winzig kleine Öffnung für Aschenbecher hat. Ich prophezeie, dass diese Art der Verschmutzung am Marienplatz zunehmen wird. Jetzt muss man den Aschenbecher nämlich suchen – zuvor war er oben klar ersichtlich angebracht. Hier hatte die Optik gegenüber dem Nutzen ganz klar Vorrang. Leider.
Langzeittest erforderlich
Da ich um die Ecke des Marienplatzes in Stuttgart wohne, werde ich das genau beobachten. Vor allem im Sommer, wenn der Marienplatz wieder leidet. Die Menschen müssen die Mülleimer annehmen (und die Aschenbecher finden) und man muss schauen, wie sich die zusätzlichen Mülleimer etablieren werden.
Fazit
Wir finden es Klasse, dass die Bürger einbezogen werden. Das ist ein Konzept das durchaus auf mehrere Bereiche ausgeweitet werden darf. Leider konnten wir bei der Auswahl der Mülleimer nicht mitreden, das war beschlossene Sache, und wir kamen auch viel zu spät hinzu, um auf die praktischen Schwierigkeiten im Alltag hinzuweisen zu können. Die Aschenbecher sind leider überhaupt nicht tauglich in Anbetracht der toxikologischen Belastung für die Stadt. Zusammengefasst könnte man sagen: die Mittel sind da, Dinge werden schon angegangen, nur die Liebe zum Detail fehlt noch. Insgesamt sind wir aber sehr glücklich, dass das Thema mehr in den Fokus rückt.
Was hältst du von den neuen Mülleimern?
Findest du die Klasse? Oder eher semi-gut? Was könnte man verbessern und was ist überhaupt nicht gut gelöst? Lass es uns unten in den Kommentaren wissen! Wir nehmen das Feedback mit zum nächsten Treffen.
Stuttgart, Marienplatz, Zigaretten, Alltag
Robin Weidner
Den steigenden Müllmassen mit dem Pressen von Müll entgegentreten? Mit einer Ästhetik, die eher an einen Lamborghini erinnert also ein sinnvolles Objekt im Stadtbild, das zum Reflektieren um Umdenken einläd.? Flaschensammler werden mit dem Stiefel getreten und die wertvolle sub-Ökonomie die zur Reduzierung/Sortierung von Müll sorgt wird zu einem schweren Fladen gepresst, der beim Entleeren zu Rückenschmerzen führt. Schade, dass Effektivität und Ästethik diesen Entwurf getrieben zu Schein haben und nicht das genaue Hinschauen, das die Gesamtproblematik betrachtet. Positive Beispiele sind zu sehen in Mainz im Winterhafen (Als Statement der Stadt wurden Müllberge wochenlang nicht entsorgt. Bürger haben verstanden, dass es in ihrer Verantwortung liegt Müll zu reduzieren), Mülleimer in Vancouver (es wurde verstanden, dass das Werteverständnis verschiedener Bürger variiert, die Mülleimer bieten Raum für Reste von Essen, Getränken und Pfand. Somit wird ein Raum als Schnittstelle zwischen Menschen aus verschieden Hintergründen geschaffen. Allein schon das Pfand und die Reste zu sehen sort für Reflektion) Es heißt nicht, dass es so gemacht werden muss, lediglich, dass es mehr gibt als Effektivität und Ästethik an der falschen Stelle und dass die Verantwortung der Bürger nicht nur bei der Planung eine große Wichtigkeit erhält, was im übrigen ein super Ansatz ist diese verschiedenen Personen an dem Planungstisch gehabt zu haben..super Ansatz. Leider im Entwurf nur sehr schlecht zu waage zu Erkennen.
Thomas
Vielen Dank für deinen wertvollen Kommentar!
Rainer Idler
Mindestens eine Solar-Zelle eines Press-Hais am Marienplatz wurde zerstört. Vielleicht aus Frust weil die Flaschen Sammler nicht mehr an ihre Pfandflaschen kommen. Das Zerstören kann in der Szene schnell zum Hobby werden. Mit den Press-Hai-Kosten könnte man die Flaschen – Sammler – Szene so finanzieren, dass sie auch die Müll Recycling übernehmen kann (nur mal ein Bsp. ).