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cleanup saarland

Zweite Cleanup-Initiative aus dem Saarland wird Netzwerkpartner

Wie kam es zu dem Projekt “Ottweiler räumt auf”?

Nicole: Wir waren Anfang September bei einem Vortrag von Arno Meyer von “Illingen engagiert gegen Müll” und fanden es toll, was er macht. Wir selbst machen seit 10 Jahren Geocaching, bei dem es ja auch solche Aufräumaktionen, sogenannte “CITOs” (Cache in, Trash out) gibt. Wenn wir im Wald unterwegs waren, sind wir leider häufig auf Müllablagerungen gestoßen, wussten aber nie so genau, wie man darauf reagieren soll. Klar, kleinere Sachen haben wir aufgesammelt und entsorgt, aber andere wilde Müllkippen… dass es z.B. extra eine App gibt, über die man das melden kann, darauf war ich vorher ehrlich gesagt nicht gekommen. Wir haben dann recht schnell eine Facebook-Gruppe gegründet, in der jedes Mitglied Bilder seiner Müllsammlungen oder auch ansonsten interessante Links zu Müllvermeidung etc. posten kann.

Wer organisiert die Cleanups und wer beteiligt sich dabei?

autoreifen müll wald

Nicole: Wie gesagt, sind wir noch ein recht junges Netzwerk, und leider muss man auch sagen, dass der “Durchschnittssaarländer” scheinbar kein besonders großes Umweltbewusstsein hat. Natürlich erzählen wir vielen Leuten, dass wir Müll sammeln, damit unser aller Umwelt sauberer wird, aber die meisten antworten nur verständnislos, dass sie doch nicht den Müll anderer Leute aufsammeln. Die Vorweihnachtszeit ist vielleicht auch nicht die beste Zeit, um Leute zu so etwas zu motivieren. Momentan sind also alle aktiven Mitglieder unseres Netzwerks dann unterwegs, wenn es ihre Zeit gerade erlaubt. Unsere Kerngruppe besteht aus drei Leuten, die fast jedes Wochenende mehrere Stunden unterwegs ist. So konnten wir an den letzten Sonntagen immer 300 bis 400 Liter Müll einsammeln; am letzten Samstag kamen sogar noch 14 Altreifen hinzu, die einfach so neben der Straße zwischen ein paar Bäumen lagen.

Gibt es schon eine nächste Putzaktion?

Nicole: Wir sind, wie gesagt, fast jedes Wochenende rund um Ottweiler unterwegs, wenn das Wetter es zulässt. Jeder, der mal dabei sein möchte, kann sich einfach bei uns melden oder Mitglied der Facebook-Gruppe werden. Die nächsten größeren Aktionen, die bereits terminlich fest sind, finden allerdings erst nächstes Jahr statt. Am 13./14. März gibt es im Saarland das “picobello”, da sind alle aufgerufen, beim Saubermachen des Saarlandes zu helfen. Besonders freue ich mich allerdings auf den 4. April 2020 – da werden wir gemeinsam mit Arno Meyer von “Illingen engagiert gegen Müll” im Rahmen einer VHS-Veranstaltung eine Müllwanderung für Interessierte durchführen.

[socialpug_tweet tweet=”Viele haben vermutlich Angst davor, selbst Müll zu sammeln, weil sie sich vor den Reaktionen ihrer Mitmenschen fürchten. Nicole Glücklich” display_tweet=””]

Was würdest Du Dir von der Statt Ottweiler besonders hinsichtlich der Vermüllung wünschen?

Nicole: Ich würde mir wünschen, dass zumindest die Innenstadt auch von Mitarbeitern der Stadt saubergehalten wird oder die Anwohner darauf hingewiesen werden, dass sie dies tun sollen. Da können vor Geschäften und Privathäusern Verpackungen und Zeitungen liegen und niemand fühlt sich dafür zuständig. Das ist traurig. Ich erinnere mich noch gut daran, dass früher jeden Samstag der Bürgersteig und die Rinne gekehrt wurde. Heute kann sich der Müll vor der Tür stapeln und niemanden interessiert es. An dem Punkt könnte die Stadt meiner Meinung nach gut ansetzen.

Wünschst Du Dir Unterstützung von der Stadt Ottweiler?

Nicole: Wir haben immerhin insofern Unterstützung erhalten, sodass wir beim Bauhof einen direkten Ansprechpartner haben und eingesammelten Müll dort abgeben können, ohne dass gleich die Frage kommt, ob man da denn nicht vielleicht seinen eigenen Müll kostenlos entsorgen möchte. Auch große Mengen Müll, den wir gesammelt und in Säcke verpackt haben, wird anstandslos abgeholt. Wie die Unterstützung bei größeren Aktionen ist, werden wir dann im nächsten Jahr herausfinden.

Wie kann man alle Gesellschaftsschichten für dieses Thema begeistern?

cleanup saarland

Nicole: Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, Begeisterung wird in manchen Gesellschaftsschichten nie für das Thema aufkommen, aber Verständnis wäre schon mal ein guter Anfang. Das erreicht man am besten mit Aufklärung. Trotzdem wird es immer Leute geben, die denken, man möchte ihnen ein Stück Freiheit wegnehmen, wenn man sagt, dass es für alle besser ist, wenn man Zigarettenkippen nicht auf den Boden oder den Kaffeebecher nicht einfach aus dem Autofenster wirft. Letztens sind wir in eine Gruppe Läufer geraten, die das toll fanden, was wir machen. Aber zwischen “toll finden” und “selbst aktiv werden” liegt halt leider noch ein entscheidender Schritt. Viele haben vermutlich Angst davor, selbst Müll zu sammeln, weil sie sich vor den Reaktionen ihrer Mitmenschen fürchten, so à la: Was sollen die Leute dann von mir denken?

Was ist das Kurioseste, was ihr bisher gefunden habt?

plastikflasche wald

Nicole: Einmal haben wir einen Kühler (von einem kleinen Motor) im Wald gefunden, vor Kurzem sind wir auf vier Schaltschränke und eine riesige, hässliche Kunstblume gestoßen und am letzten Wochenende war ein Paar neue, rosafarbene Crocs dabei.

Hast Du Ideen, wie man das Müllproblem an der Wurzel packen kann?

Wie zuvor schon erwähnt, denke ich, dass nur Aufklärung hier helfen kann. Dazu gehören z.B. die Vermeidung vieler Überflüssiger Verpackungen oder die schlimme Angewohnheit, Dinge einfach aus dem Autofenster zu werfen. Keine Sammelaktion vergeht ohne Einweg-Kaffeebecher, McDonald’s-Verpackungen, Hundekot-Beutel und Zigarettenkippen. Klar, einigen Leuten ist es vermutlich egal, wenn sie die Plastikpartikel über Wasser und Nahrung wieder in sich aufnehmen, aber einem Großteil wäre es vielleicht nicht so egal, wenn sie es vor Augen geführt bekämen.

Hast Du noch eine Nachricht an unsere Cleanup Network Leser?

müll in wald

Nicole: Ich kann mir vorstellen, dass viele dieses neue Umweltbewusstsein für eine Hysterie halten. Viele sehen den Müll in unseren Städten und Wäldern vielleicht auch gar nicht mehr, aber die meisten verbringen ihren Sommerurlaub womöglich irgendwo, wo es einen Strand gibt. Wir waren im Oktober auch an einem Strand und zwar an einem, wo es zu der Jahreszeit keine Touristen gibt, nämlich am Portobello Beach an der schottischen Küste. Und wenn man da mal genau hinschaut, dann sieht man den Mikroplastik (von all den PET-Flaschen, Arzneimittelbehältern, Chipstüten und Co. einmal abgesehen) zwischen den Sandkörnern. So viele weiße, blaue, rote und andersfarbige Plastikkügelchen, dass wir sie in diesem Leben nicht mehr aufsammeln können. Ich wage zu bezweifeln, dass es an irgendeinem Strand auf der Welt anders aussieht. Will man in diesem Meer wirklich noch baden? Oder Fische daraus essen? Man muss doch sehr ignorant sein, um das, was man mit bloßem Auge erkennen kann, als Hysterie abzutun. Daher ist es wichtig, dass wir alle aktiv tun, was in unseren Möglichkeiten liegt.


Liebe Nicole, vielen Dank an dich und dein Team für deinen Einsatz. Wer sich weiter über die Initiative informieren möchte, besucht am besten die Webseite.

Plastikmuell, Einwegpappbecher, Saarland


Thomas Venugopal

Auf Cleanup Network setze ich meine berufliche Erfahrung im Online-Geschäft ehrenamtlich und gemeinnützig ein, um meine Mitmenschen für das Thema Vermüllung zu sensibilisieren und mobilisieren. Der Netzwerkgedanke ist der Kern dieser Plattform. Daher freue ich mich über jede Form der Kontaktaufnahme.

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